WG 3 „Aufbruch“
Wohngruppe 3 trägt den Namen „Aufbruch“. Dadurch, dass die Wohngruppe 3 quasi die letzte Station in unserer Einrichtung ist, passt der Name „Aufbruch“ sehr gut. In Wohngruppe 3 wohnen typischerweise die ältesten Bewohner/innen der Einrichtung, welche schon am selbstständigsten leben können und eine mehr oder weniger klare Perspektive für sich in ihrem Leben ausmachen konnten. Die dritte Wohngruppe bereitet die jungen Menschen quasi auf einen neuen Lebensabschnitt mit noch mehr Eigenverantwortung vor und will die jungen Menschen darin unterstützen auch nach der Jugendhilfe eine gefestigte Perspektive zu behalten. Daher ist der Name „Aufbruch“ so passend. Aufbruch in einen neuen, selbstbestimmten Lebensabschnitt.
Weitere Informationen
In Wohngruppe 3 werden vor allem Mädchen und Jungen im Alter von 17 bis 18 Jahren aufgenommen und können auch bei Weiterbewilligung bis 21 Jahren in der Wohngruppe leben. Eigentlich endet die Jugendhilfe in Deutschland mit dem Eintritt der Volljährigkeit, allerdings kann bei Bedarf die Jugendhilfemaßnahme von jungen Volljährigen gemäß §41 SGB VIII bis zum 21. Lebensjahr verlängert werden. Viele junge Menschen sind im Alter von 18 Jahren noch nicht bereit alleine zu leben, beziehungsweise haben noch keine klare Perspektive gefunden, weshalb es oftmals sinnvoll sein kann, noch über das Alter von 18 Jahren in dem geschützten Rahmen der Jugendhilfe zu bleiben. Die Wohngruppe stellt insgesamt sechs Plätze zur Verfügung.
In dieser Wohngruppe liegt der Fokus auf der Verselbstständigung der Jugendlichen. Die jungen Menschen, welche in Wohngruppe 3 leben, stehen zumeist kurz vor einem Auszug aus der Einrichtung oder bereiten sich auf dieses Ziel vor. Um nach der Zeit in der Einrichtung bestens auf das Leben vorbereitet zu sein, sollen die Jugendlichen möglichst lernen, wie es ist und welche Aufgaben anstehen, wenn sie in eine eigene Wohnung ziehen und auf sich selbst gestellt sind. Die jungen Menschen sollen lernen unabhängig zu handeln, möglichst ihren Unterhalt selbst zu finanzieren und die Haushaltsführung problemlos bewältigen zu können.
Ein weiterer wichtiger Aspekt in der pädagogischen Arbeit der WG 3 ist die Auseinandersetzung mit möglichen Berufen, Ausbildungen, Praktika, Studium oder Weiterbildungen. Wie schon erwähnt sollen die Jugendlichen nach dem Auszug möglichst in der Lage sein auf eigenen Beinen zu stehen. Dazu gehört normalerweise auch eine Einnahmequelle, um sich selbst finanzieren zu können. Deshalb soll mit den jungen Menschen zusammen weiter an ihrer beruflichen Perspektive gearbeitet werden, beziehungsweise haben die Jugendlichen im besten Fall für sich schon eine berufliche Perspektive gefunden, wenn sie in WG 3 umziehen. Dann kann weiter an dieser Perspektive gearbeitet werden, zum Beispiel in Form von Bewerbungen für Ausbildung oder Praktika oder dem gemeinsamen Lernen für die Schule oder den Schulabschluss. Natürlich kann es auch sein, dass ein junger Mensch bereits einen Job, eine Ausbildung oder ein Studienplatz sicher hat. Dann werden die Fachkräfte hierbei natürlich unterstützen und helfen die jeweiligen Herausforderungen zu meistern.
Ein dritter Grundpfeiler der pädagogischen Arbeit in Wohngruppe 3 ist die Biografiearbeit. Gerade vor einem möglichen Auszug oder beim langsamen Vorbereiten für das Ausziehen aus der Einrichtung und damit auch dem Verlassen des Systems der Jugendhilfe, kann es vielleicht sinnvoll und hilfreich sein, nochmal genau zu erforschen, wer man selbst ist, was einem wichtig ist, was die eigenen Stärken sind, auf welchem Stand man gerade im Leben ist und wie sich vergangene Ereignisse auf all diese Fragen ausgewirkt haben. So kann man positive und negative Faktoren für die eigene Entwicklung ausmachen und so in der Zukunft vielleicht besser abschätzen, was die eigene Entwicklung fördert und einen als Person weiterbringt und was vielleicht auch nicht.
Die Ansprüche an die Bewohner/innen der Wohngruppe 3 sind natürlich am höchsten in der gesamten Einrichtung, da sie lernen sollen selbstständig zu handeln, beziehungsweise mit wenig Hilfe Probleme und Aufgaben zu lösen. Natürlich werden auch die jungen Menschen in WG 3 Hilfe erhalten, wenn sie mal nicht weiter wissen oder aktiv Hilfe anfordern, aber die Bewohner der Wohngruppe haben meist durch ihre fortgeschrittene Entwicklung schon vieles erlernt und können dadurch viele Dinge alleine erledigen. Dinge, die die Bewohner noch nicht so gut alleine können, werden mit ihnen zusammen eingeübt.
Das übergeordnete Ziel der Wohngruppe, beziehungsweise für ihre Bewohner/innen, ist der Auszug in eine eigene Wohnung oder ähnliches und damit das Erlernen einer eigenen, möglichst unabhängigen und gesellschaftlich integrierten Lebensführung. Neben der Selbstständigkeit, ist im optimalen Fall eine psychosoziale Stabilität erreicht worden und die Eigenverantwortung für sich und das eigene Leben bewusst geworden.
Tagesablauf
Ein typischer Tagesablauf in der WG 3 sieht so aus, dass die Bewohner von Montag bis Freitag ab ca. 5:30h bis 7:00h selbstständig aufstehen, beziehungsweise kann in Ausnahmen auch noch geweckt werden. Ab ca. 6:30h bis 7:30h bereiten die Jugendlichen sich Frühstück zu oder bereiten etwas vor, was sie in die Schule/ zur Arbeit mitnehmen können. Die meisten haben dann ab ca. 8:00h Schule, beziehungsweise müssen auf die Arbeit. Mittagessen sollen die jungen Menschen von ca. 13:30h bis 15:00h zubereiten, je nachdem wann sie zurück nach Hause kommen. Von 15:00h bis 16:00h sind Hausaufgaben oder ähnliches eingeplant, allerdings findet dienstags und freitags ab 15:30h der Lebensmitteleinkauf statt. Dies ist ein Angebot der Einrichtung an die Jugendlichen, sie können mit fahren, wenn sie wollen und Lebensmittel für sich einkaufen. Wer nicht mitfährt, muss selbstständig einkaufen gehen. Ab ca. 17:00h bis 19:00h soll angefangen werden das Abendessen vorzubereiten. Dies machen die jungen Menschen entweder gemeinsam, mit Betreuern/innen oder alleine. Nach dem Abendessen hat jeweils ein junger Mensch pro Tag Küchendienst. Die Jugendlichen sollen unter der Woche zwischen 21:00h und 21:30h zurück in der Einrichtung sein, entsprechend ihres Alters. Ab 22:00h gilt die Nachtruhe, aber die Jugendlichen dürfen sich noch bis 23:00h im Wohnzimmer aufhalten. An Wochenenden können die jungen Menschen ausschlafen und sich selbst Frühstück zubereiten, wann sie wollen. Von ca. 12:00h bis 14:30h soll ein gemeinsames Mittagessen stattfinden, die Jugendlichen können in der Gruppe an den Wochenenden ihre Verpflegung völlig frei planen und umsetzen. Sonntags stehen so genannte Gruppendienste an, wobei es sich um Aufräum- und Putzdienste in Gemeinschaftsräumen der WG handelt. Diese sollen die jungen Menschen eigenständig erledigen, die Fachkräfte kontrollieren nur die Erledigung. Sonntags soll um 19:30h ein gemeinsames Gruppentreffen stattfinden, wo die Jugendlichen verschiedene Themen ansprechen können und sich untereinander absprechen und austauschen können. Auch an den Wochenenden sollen die minderjährigen Jugendlichen bis spätestens 21:30h zurück in der Einrichtung sein und ab 22:00h gilt die Nachtruhe. Samstags dürfen die Jugendlichen bis 24:00h im Wohnzimmer bleiben, sonntags bis 23:00h. Sonntags können zweimal im Monat Freizeitangebote mit den Betreuern/innen wahrgenommen werden. Der hier dargestellte Tagesablauf ist allerdings recht grob und allgemein, viele der angegebenen Uhrzeiten sind nur grobe Richtlinien. Die Bewohner haben aber generell mehr Freiheiten und können bei vielen Dingen selbst entscheiden.
Regeln
Auch in WG 3 gibt es einige besondere Regelungen. Vor allem in Bezug auf die Nutzung von E-Geräten, die selbstständige Wahrnehmung von Terminen und eine hohe Eigenverantwortung über finanzielle Mittel, grenzt sich die WG 3 deutlich von den beiden anderen Wohngruppen ab. Die Nutzung von E-Geräten wird den Jugendlichen selbst überlassen, da sie auch zukünftig in einer eigenen Lebensführung den Umgang und die Auswirkungen von Medienkonsum selbst einschätzen müssen. Damit hängt auch die Umsetzung einer geregelten Tagesstruktur zusammen und die Disziplin zu erlernen, die Aufgaben des Tages zu meistern, auch wenn man z.B. sehr lange wach geblieben ist. Wie bereits weiter oben erwähnt hat jeder junge Mensch einmal in der Woche Küchendienst, beziehungsweise wird sonntags abgewechselt, da es nur sechs Jugendliche sind. Darüber hinaus gibt es wie bereits erwähnt Putzdienste, die einmal wöchentlich anstehen und die die Jugendlichen alleine erledigen sollen. Für ihre Zimmer sind die Jugendlichen selbst verantwortlich, allerdings wird die Sauberkeit einmal wöchentlich von den Betreuern/innen kontrolliert. Außerdem waschen die Jugendlichen eigenständig nach Bedarf ihre Wäsche und vereinbaren, beziehungsweise nehmen Termine eigenständig wahr. Behördliche Termine können je nach Bedarf begleitet werden und alle Termine können bei Bedarf gemeinsam mit den Fachkräften vor- und nachbereitet werden. In Bezug auf finanzielle Regelungen wird hier deutlich die Verantwortung eingeübt, mit den zur Verfügungen stehenden Mitteln gut zu haushalten. So erhalten die Jugendlichen ihr Verpflegungsgeld in bar ausgezahlt, um eigenständig einkaufen zu können oder die Einkaufsfahrten wahrzunehmen. Das Bekleidungsgeld bekommen die Jugendlichen ebenfalls in bar ausgezahlt, allerdings nur gegen Vorlage einer entsprechenden Quittung. Ihr Taschengeld bekommen die jungen Menschen zweimal im Monat auf ihr Konto überwiesen, das Hygienegeld wird einmal monatlich überwiesen. Dies ist ein Kontrast zu den anderen Wohngruppen im Haus, die eigenständige Verwaltung von Geldern wird in der Wohngruppe 2 begonnen und soll in der WG 3 möglichst stark vorangetrieben werden. Der Umgang mit finanziellen Mitteln ist sehr wichtig für die eigene Haushaltsführung und kann in dem geschützten Rahmen der Jugendhilfe hier erprobt und getestet werden, da im Notfall die Versorgung immer sichergestellt ist.
Auch wenn die Verselbstständigung und Eigenverantwortung in der WG 3 stark vorangetrieben wird, distanzieren wir uns als Einrichtung von einer konzeptionellen und rechtlichen Form des betreuten Wohnens. Auch in der WG 3 gilt die reguläre stationäre Unterbringung im Rahmen des §34 SGB VIII. Die Jugendlichen haben auch hier rund um die Uhr die Möglichkeit auf die pädagogischen Fachkräfte zuzugreifen. Der Hauptschwerpunkt in der pädagogischen Arbeit liegt hier vor allem in der Reflexion des eigenverantwortlichen Handelns und der weiteren Stärkung der Persönlichkeitsentwicklung. Freiheit kann auch erst mal überfordern oder Fehlschläge verursachen, diese gilt es zu reflektieren, zu korrigieren und das Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken.